Publisher's Synopsis
In der vorliegenden Publikation wird erst mal die Situation der Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiter in der Land- und Forstwirtschaft auf dem Gebiet der Republik Österreichs zwischen 1939 und 1945 untersucht. In zahlreichen lebensgeschichtlichen Interviews und Fragebogenerhebungen mit überlebenden Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen aus ganz Europa gehen die Autoren der Frage der Lebensbedingungen von Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen in der Land- und Forstwirtschaft nach. Neben aufgearbeitetem statistischen und anderen Materialien ist jede persönliche Geschichte eines Zwangsarbeiters vor allem eine individuelle und lässt keine Generalisierungen zu. Dies gilt auch für die vorliegende Studie, die einen breiten Überblick über die Thematik bietet. Allerdings ist auch diese Untersuchung nicht in der Lage, exakte Auskunft über die Gesamtheit der Problematik zu geben, sondern kann jeweils nur Teilaspekte beleuchten. Die aus den Befragungen Tausender ehemaliger Zwangsarbeiter erstellten Erhebungen sind mit einem großen Maß an Quellenkritik zu betrachten, geben sie doch ein anderes Bild wieder, als es Aktenmaterialien vermuten lassen würden. Es wird deutlich, dass sich NS-Gedankengut im bäuerlich-ländlichen Milieu nur in beschränktem Ausmaß durchsetzen konnte und nur bedingt althergebrachte Lebensweisen und Traditionen zu verdrängen imstande war. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die ausländischen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in der Land- und Forstwirtschaft in der Regel besser verpflegt und untergebracht waren als jene in der Rüstungsindustrie: Familienanschluss, individuelle Behandlung, eigener bäuerlicher Arbeits- und Feiertagsrhythmus, bäuerliche, christlich geprägte Werthaltungen, die auch im von der NS-Ideologie als "Untermenschen" angesehenen slawischen Zwangsarbeiter einen "Mitmenschen" sahen. Die zumeist noch sehr jungen Zwangsarbeiter wurden von ihren Arbeitgebern vielfach sogar in die Familien integriert und übernahmen nicht selten auch die "Erziehung" der Kinder. All dies stand im krassen Gegensatz zur NS-Ideologie, weshalb viele Bauern gezwungen waren, nach außen ein gegensätzliches Bild zu vermitteln, um sich nicht selbst der Gefahr von Observationen und Erhebungen seitens NS-Organen wie der Gestapo, von Ortsbauernführern oder NS-Sympathisanten, die zu Denunzianten wurden, auszusetzen. Die vorliegenden Quellen dazu sind jedoch immer doppeldeutig und lassen oft keine Interpretationen zu.