Publisher's Synopsis
Die Forschungen in der altsteinzeitlichen Hohlenstation "Ifri n'Ammar" stellen seit 1997 ein Schwerpunktprojekt innerhalb des deutsch-marokkanischen Kooperationsprogrammes "Prehistoire et Protohistoire au Rif Oriental Marocain" dar. Dieses wird in Zusammenarbeit der "Kommission fur Archaologie Aussereuropaischer Kulturen des Deutschen Archaologischen Instituts" (KAAK / DAI, Bonn) und des "Institut National des Sciences de L'Archeologie et du Patrimoine" (INSAP, Rabat) durchgefuhrt. Der jetzt vorliegende Band "La Grotte d'Ifri n'Ammar - Le Paleolithique Moyen" ist in seinem Hauptteil der Untersuchung und chronologischen Einordnung der Steingeratetypen aus den unteren Schichtabfolgen der Ifri n'Ammar-Hohle gewidmet. Im nordafrikanischen Maghreb ist bis heute lithisches Material der mittleren Altsteinzeit noch immer stark mit den Kulturbezeichnungen Mousterien und Aterien behaftet. Eine typologische Verbindung dieses regionalen Mittelpalaolithikums zum europaischen Technokomplex des Mousterien wurde schon fruh mit den ersten Entdeckungen entsprechender nordafrikanischer Steingeratinventare in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts hergestellt. Zunehmend werden in jungerer Zeit in der Forschung Stimmen laut, die eine Belegung des nordafrikanischen Mittelpalaolithikums mit dem eurozentrischen Terminus "Mousterien" kritisieren. In der Ifri n'Ammar gelingt es durch die Anwendung einer fortschrittlichen Ausgrabungstechnik und dank entwickelter Datierungsmethoden, die Sequenzen des Mittelpalaolithikums besser zu strukturieren und dessen Anfange zu erfassen. Fur die Ifri n'Ammar kann so der zeitliche Rahmen dieses Geschehens mittels Thermolumineszenz-Datierung mit verlasslichen Eckdaten von 171.000 bis 83.000 Jahren vor heute angegeben werden.Diskutiert wird in diesem Band auch die raumliche Verbreitung des Aterien, dessen Kernzone in den Maghrebstaaten Marokko, Tunesien und Algerien zu suchen ist. Beachtung wird auch vergleichbaren Artefaktinventaren ausserhalb dieses Raumes geschenkt. Starker ins Rampenlicht geruckt werden auch die aus den Aterien-Schichten der Ifri n'Ammar geborgenen durchbohrten Gehause mariner Schnecken, welche angesichts der neuen Datierungen zu den altesten Schmuckausserungen der Menschheitsgeschichte zahlen. Sie sind somit auch ein Beleg fur die Ankunft des anatomisch modernen Menschen in Nordafrika.Ausgehend vom umfangreichen Fundmaterial aus der Ifri n'Ammar widmet sich diese Abhandlung ferner dem Ziel, eine Neudefinition bestehender Kulturabfolgen zu skizzieren und eine Erschliessung des regionalen Kulturablaufes und der Umweltbedingungen wahrend des Palaolithikums im mediterranen Ostmarokko zu ermoglichen. Im Annex dieses Bandes liefert Rainer Hutterer (Forschungsmuseum Alexander Koenig, Bonn) ausfuhrliche Informationen zur Fauna, Ludwig Reisch (Universitat Erlangen) einen Uberblick zur Sedimentgenese und Klimageschichte und Daniel Richter (Max Planck Institut fur Evolutionare Anthropologie, Leipzig) eine Zusammenfassung zu den neuen Thermolumineszenz-Datierungen der Fundstelle.