Publisher's Synopsis
Im November 1952 fand in Prag der grosste und letzte stalinistische Schauprozess statt. Rudolf Slansky und dreizehn weitere hochrangige Funktionare des Partei- und Staatsapparats der Tschechoslowakei wurden angeklagt, sich gegen die volksdemokratische Ordnung verschworen zu haben. Elf von ihnen wurden hingerichtet, drei erhielten lebenslange Freiheitsstrafen. Das Slansky-Tribunal unterschied sich durch die Anzahl der Todesurteile und durch seine offen antisemitische Ausrichtung von den anderen stalinistischen Schauprozessen. Elf der Beschuldigten waren judischer Herkunft. Ausgehend von den Biografien der in Bohmen aufgewachsenen Schriftsteller Louis Furnberg, Autor des Liedes Die Partei, die Partei, die hat immer recht, und F. C. Weiskopf untersucht Jan Gerber, warum Antifaschisten nur sieben Jahre nach der Befreiung von Auschwitz einen Prozess durchfuhrten, in dem Juden als Juden angeklagt wurden. Zudem fragt er, weshalb dieser Prozess ausgerechnet in der Tschechoslowakei stattfand, die in der Zwischenkriegszeit als Insel der Demokratie und Toleranz gegolten hatte? Die Lebenswege Furnbergs und Weiskopfs, die Anfang der 1950er Jahre in die Muhlen des Slansky-Tribunals gerieten und die Tschechoslowakei schliesslich aus Angst vor Verfolgung in Richtung DDR verliessen, zeigen, dass der Prozess nicht allein auf die Initiative Moskaus zuruckging. In ihm fanden zugleich die Nationalitatenkonflikte der Zwischenkriegszeit eine weltanschaulich kodierte Fortsetzung.