Publisher's Synopsis
Berthold Kihn (1895-1964) beruhrt als Arzt und Hochschullehrer uberaus schwierige Felder. Als Ordinarius fur Psychiatrie in Jena beteiligte sich Kihn gutachterlich an der NS-"Euthanasie" psychisch kranker Menschen. Vorher hatte er als Anstaltsdirektor in Stadtroda 1936 ein Drei-Stufen-System der Disziplinierung von "asozialen" Tuberkulosekranken begrundet. Nach Kriegsende konnte sich Kihn als "Sowjetzonenfluchtling" in den Lehrkorper der Universitat Erlangen reintegrieren, wo er 1927 habilitiert hatte. Erst 1961 kam es zur strafrechtlichen Verfolgung seiner NS-"Euthanasie"-Involvierung, die aber aufgrund vermeintlich "mangelnder Beweislage" eingestellt wurde. Birgit Braun arbeitet erstmals Quellen des Familienarchivs Kihn und andere Archivbestande auf. Aus historisch-kritischer Perspektive analysiert sie tatertypologisch Kihns professionelle "Sackgassen-Situation" und sein individuelles "Schuld-Trauer-Trauma-Dilemma" als mogliche Ausgangspunkte fur seine verbrecherische Wendung mit gewissenloser "Tater-Opfer-Umkehr". Mit der Aufarbeitung auch der Kontinuitaten bis in die Gegenwart entsteht ein facettenreiches Bild von Medizingeschichte und Ethik.