Publisher's Synopsis
Das lokale Interdikt im Sinne eines temporaren Entzugs von Seelsorge und Sakramenten in einem bestimmten Gebiet (Kirche, Stadt, Diozese, Herrschaftsterritorium), nahm neben der Exkommunikation eine zentrale Rolle im kirchlichen Sanktionsarsenal ein. Vom Hochmittelalter bis ins 17. Jahrhundert gehorte der durch das Interdikt hervorgerufene spirituelle Ausnahmezustand fest zum Erfahrungshorizont des vormodernen Europaers, insbesondere der Stadtbevolkerung. Das Interdikt ist aus der liturgischen und frommigkeitspraktischen Lebenswelt Lateineuropas nicht wegzudenken. Zudem enthielt diese haufig angewandte Form der kirchlichen Strafpraxis stets ein besonderes Konfliktpotential. Ein Interdikt beschwor fur jeden einzelnen Glaubigen einen unheilvollen Gewissens- und Loyalitatstest herauf, der erwunschte (Druck auf die Obrigkeit) und unerwunschte (Haresien, religioser Eigensinn) Reaktionsszenarien provozierte. Der Band erschlieat erstmals europaisch vergleichend das analytische Potenzial des Interdikts als spezifisch vormodernes Querschnittsphanomen, das gleichermaaen kirchen-, rechts- und sozialgeschichtliche Perspektiven eroffnet.