Publisher's Synopsis
"Ist man vor der Geburt auf die gleiche Weise tot, wie wenn man gestorben ist?" und "Sind Katholiken anders tot als Unglaubige?" Es geht um groe Fragen. Aber federleicht und im Hintergrund einer wahren Lebensgeschichte. Ein Buch uber ethische Werte - zwischen Vernunft und dem Wahn christlicher Eiferer und politischer Fanatiker. Unterhaltsam und kurzweilig erzahlt als bebilderte Biographie: Die Martinszeller Bauerin Anna Maria Karg lebte von 1891 bis 1991. Genannt wurde sie stets nur Mari, mit Betonung auf dem A. Als uneheliches Kind war ihr Leben von Anfang an verpfuscht. Bis zu dem Tag, Ende 1916, an dem sie beschloss, ihr weiteres Leben in eine andere Bahn zu lenken. Sich selbstbestimmt gegen alle Widerstande durchsetzend. Dabei auch furchtbare Niederlagen erlebend. Sie entwickelte sich zur ersten wirklich emanzipierten Frau in ihrem Umfeld. Mari selbst hatte dieser Aussage wohl kaum zugestimmt. Die Rhetorik und die Ziele der Frauenbewegung blieben ihr vollig fremd. Sie war eine auergewohnlich willensstarke Frau, die gelernt hat, ihren eigenen Weg zu gehen. Das machte sie uber die Gemeindegrenzen hinaus bekannt. Brachte ihr sogar den Ruf ein, eine Hexe zu sein. Manche schlichten Gemuter meinten das tatsachlich im Wortsinn. Im 20. Jahrhundert, mitten in Europa - aber nur einen Kilometer entfernt von der Burg Langenegg, wo ab 1775 die als "letzte Hexe Deutschlands" zum Tod verurteilte Anna Schwegelin eingesperrt war. Sicher trug Maris Vorliebe fur Krauter und Naturheilkunde ihren Teil dazu bei. Auch, dass sie die Amtskirche enttauscht ablehnte. Einige ihrer Zeitgenossen benutzten die Bezeichnung Hexe schlicht als Schimpfwort, weil ihnen eine selbstbewusste, tonangebende Frau hochst suspekt war. Zumal im konservativ-katholischen Oberallgau. Neid und Missgunst bestimmten das Verhalten einiger ihrer mannlichen, aber auch weiblichen, Mitmenschen. Alte Weiber aus dem Dorf lieen keine Gelegenheit aus, warnend zu flustern: "Das ist eine Hexe! Die ist vom Teufel besessen!" Nur wenige der Menschen, die mit Mari zu tun hatten, erkannten an, dass sie eine selbstbestimmte, starke Personlichkeit war. Und nur ein paar Freunde und Familienmitglieder nahmen Anteil an Maris Gedanken uber das Leben und den Tod. Der nachfolgend beschriebene Lebenslauf beschreibt mundlich oder schriftlich uberlieferte Tatsachen. Ich betrachte die Dinge gerne aus einem weiten Blickwinkel. Deshalb nutze ich Maris Lebensstationen als Stichwortgeber fur eigene Kommentare, Bewertungen oder zur Beleuchtung von Hintergrunden. Alle genannten Personen, Handlungen und Orte sind authentisch. Die Namen und Daten noch lebender Personen habe ich geandert. Sicherlich ist ein Teil der beschriebenen Handlungen gefarbt durch Maris, und auch durch meine, emotionale Sicht der Dinge. Aus ihren Erzahlungen konnte ich Maris Lebensstationen und ihre Gedanken nachvollziehen. Nicht jede Einzelheit ist im Nachhinein objektiv nachprufbar. Aber die, manchmal tragischen, Konsequenzen von Handlungen und Ereignissen sind offensichtlich. Vor allem aber ist das ein Buch uber Vernunft und Unvernunft bei der Gestaltung des menschlichen Zusammenlebens. Der Text soll dazu aufrufen, dass wir unsere Werte und Lebensregeln auf unseren Verstand begrunden. Geleitet von Menschlichkeit und dem Streben nach einem guten Leben. Es beschreibt zudem ein Stuck der Geschichte des Allgaus. Und auch die manchmal absurde Lacherlichkeit des Lebens.