Publisher's Synopsis
Um 1900 setzten Arzte und Laien zunehmend elektrisch betriebene Heilapparate zur Behandlung einer Vielzahl verschiedener Leiden ein. Im Zentrum des Interesses standen Nervenleiden wie die so genannte Neurasthenie. Elektrizitat wurde als "Lebensenergie" gedeutet, Elektrotherapie sollte geschwachte Nerven regenerieren und starken. Neben stationaren Apparaten in Krankenhausern und Arztpraxen wurden auf dem freien Markt handliche Objekte wie elektrische Haarbursten, batteriebetriebene Potenzgurtel oder Elektrodensets vertrieben. Die elektrischen Heilapparate ubten auf die Zeitgenossen im Industriezeitalter eine immense Anziehungskraft aus. Eingebunden in vielfaltige Sozialpraktiken dienten sie als Mittel zur personlichen Krisenbewaltigung, energetischen Selbstoptimierung, sexuellen Stimulation, als Statussymbol und im Ersten Weltkrieg schliesslich zur Disziplinierung und Schmerzerregung. Nils Loffelbein und Heiner Fangerau analysieren die verschiedenen Gebrauchskontexte dieser Neurasthenie-Objekte im langen 19. Jahrhundert und zeigen, dass die Zeitgenossen den elektrischen Heilgeraten eine Bedeutung zusprachen, die weit uber ihre technisch-medizinische Funktionalitat hinausging.