Publisher's Synopsis
Zwischen Berghain und Club Odessa, zwischen Assimilation und Desintegration, zwischen orthodox, liberal und sakular: Achtzig Jahre nach der Reichspogromnacht zeigt sich das judische Leben in Deutschland in einer ungeahnten Vielfalt. Junge Judinnen und Juden ergreifen in diesem Buch das Wort. Gibt es im 21. Jahrhundert so etwas wie ein "deutsches Judentum"? Wie sinnvoll ist das Reden von einer judischen Renaissance, wenn sich Judinnen und Juden heute ganz neu und in Abgrenzung zu alten Bildern und Vorstellungen definieren? Was bedeutet es fur Deutschland, wenn sich Judinnen und Juden mit anderen religiosen, ethnischen und kulturellen Minderheiten solidarisieren und sich nicht gegen sie ausspielen lassen mochten? Und wie ist dem neu erwachenden Antisemitismus zu begegnen? Die Generation der Autorinnen und Autoren in dieser Sammlung steht heute fur ein neues judisches Selbstbewusstsein und fur neue Selbstbehauptung. Es wird deutlich, dass sich die Autorinnen und Autoren einbringen mochten. Es wird gegen altbewahrte Klischees und Voreingenommenheiten angeschrieben. Der Band fasst die Entwicklungen der letzten dreissig Jahre zusammen und weist hinaus auf die Zukunft einer Gemeinschaft, die sich in einem Prozess der Identitatsfindung neu definiert. Es entsteht das Bild eines lebendigen, vielfaltigen jungen Judentums in Deutschland, das immer starker Raume fur sich innerhalb der Gesamtgesellschaft einfordert. Pluralitat ist eine der neuen Werte einer sich verandernden deutschen und europaischen Gesellschaft. Diese Pluralitat ist dem Judentum seit jeher inharent. Und in Anbetracht gesellschaftlicher Diskurse, in denen die Herausforderung der Pluralitat immer an erster Stelle genannt wird, zeigt dieser Band fur alle Leser*innen: Juden und Judinnen haben der Gesellschaft viel zu geben an Erfahrungen mit Pluralitat. Dass zu dieser ein intensiver Streit gehort, das ist so selbstverstandlich wie das Ziel, dass das Streiten zu einem Gelingen einer gemeinsamen Lebenswelt beitragen muss, soll der Streit fruchtbar und somit sinnvoll sein. Das Machloket, fur das Hannah Peaceman in ihrem Beitrag pladiert, ist ein wesentliches Merkmal einer jungeren Generation an Judinnen und Juden, die streiten, auch streitbar sein mochten. Aber alle Autorinnen und Autoren dieses Bandes vereint der Wunsch, unsere gemeinsame deutsche und europaische Lebenswelt mitzugestalten, sie fur alle lebenswerter zu machen.